
„Tracing nymphXfaun“ widmet sich Lust und Erotik im Spannungsfeld zwischen Performancekunst und Aktivismus – früher und heute. Es entstehen mehrer Videoarbeiten, die vom 1.-3.12.2023 im Pöge Haus (Leipzig) als Videoinstallation gezeigt werden. Neben der Installation wird es partizipative Angebote (Workshop und Live-Performance, Screening) geben, in denen zum Experimentieren mit den eigenen Sinnen und zum Entdecken der Dimension von Genuss eingeladen wird. Die Veranstaltungen richten sich an alle Personen ab 18 Jahren.
Ich bin der Andere, der Fremde, das Dunkle in euch selbst. Wahrer Wahnsinn ist, nur Vernunft walten zu lassen. Dionysos
1913 polarisierte der bisexuelle, russische Tänzer Vaslav Nijinsky mit der expliziten Darstellung von Lust und Erotik auf der Bühne. Auch heute noch ist Lust kein selbstverständlicher Teil (Hoch)Kultur, sondern findet oft versteckt, verachtet und schamvoll statt oder das lustvolles Erleben wird fetischisiert – vor allem, wenn es sich hierbei um das Erleben von marginialisierten Personen handelt.
„tracing NYMPHxFAUN)“ beschäftigt sich mit Lust und Erotik im Spannungsfeld zwischen Tanz, performativer Künste und Aktivismus früher und heute. und reinszeniert Elemente von Nijnskys Werk in vier 10-minütigen Videos. Diese werden dann vom 1.-3.12.203 im Pöge Haus (Leipzig) als Installation zu sehen sein, partizipative Elemente, eine Performance, ein Workshop und ein Screening-Abend (in Kooperation mit PornBetter) bilden das Rahmenprogramm.
L’Après-midi d’un faune gilt als eines der ersten avantgardistischen Ballette… Wie andere Werke Nijinskys hatte es heftige ästhetische Auseinandersetzungen zur Folge. Mallarmés Dichtung und Debussys Vertonung sowie Nijinskys Ballett nehmen eine zentrale Stellung in ihrer jeweiligen Kunstgattung und in der Entwicklung der künstlerischen Moderne ein. {…} An den mit der Tradition brechenden Bewegungsabläufen und besonders an der Masturbationszene nahmen ein Teil der Presse und des Publikums heftigen Anstoß.
Wikipedia-Eintrag zu „L’Après-midi d’un faune“
1913 feierte Nijinsky mit „L’après midi d’un faune“ in Paris sein choreografisches Debüt, es folgten Gastspiele in Berlin, Dresden, Wien und Budapest. 1916 zeigten sich bei Nijinsky erste Anzeichen psychischer Belastung. Kurz bevor er 1919 gegen seinen Willen in eine Psychiatrie in der Schweiz eingeliefert wurde, beschrieb er in seinen Tagebüchern seinen Weltschmerz, seine prekären Arbeitsverhältnisse und die Stigmatisierung seines sexuellen Begehrens als Ursachen für sein Leid.
Wir möchten uns in (römische & griechische) Mythologien vertiefen, die als Inspirationsquelle für „L‘après midi d‘un faune“ dienten. Aus einer queeren Perspektive interessiert uns vor alle die Gemeinsamkeit der Figuren Faun und Nymphe: Das Dionysische. Dionysos-Kult und die Entstehung des griechischen Theaters der Mythos des Dionysos verbreitete sich in der ganzen griechischen Welt. Mit den Satyrn (oder Faunen) verschwistert sind die NYMPHEN. Ihre geschlechtliche Gegensätzlichkeit macht sie zu einem untrennbaren Paar. Doch sind beide ohne eigentliche Bindung – ihr gemeinsames Verweilen oft nur ein flüchtiger Augenblick. Das Dionysische (das Phallische bzw. das Nymphische) macht sie zu Gefährten. In der Reinsze- nierung werden wir bei der Figurenentwicklung mit der Aufhebung von (Geschlechter)Dualismus arbeiten.
Grundlage für unsere Forschung bieten folgende Fragen:
• Wann wird die Darstellung von Lust und Erotik als provokante Sensation gehypt und wann ist sie als authentisches Element in einer emanzipatorischen performativen Praxis zu verstehen?
• Wie konnten damals und kann heute, die normative Matrix an Orten der (Hoch)Kultur durch Tabubrüche mittels Lust, Genuss und Queerness gehackt werden?

Wie wollen wir zusammen arbeiten?
Wir sind ein Team, ausschließlich aus trans Personen bestehend – und wollen in den kommenden Monaten in unser Zusammenarbeit ein Umfeld schaffen, welches sich Machtstrukturen und Unterdrückungsmechanismen bewußt ist und mit ihnen (selbst)kritisch umgeht. Bewegungen, die dem lustvollen Erkunden des (eigenen) Körpers Raum geben, sollen als Grundlage für tänzerisches Material aber auch für eine selbstermächtigende künstlerische Praxis dienen. Mit der Entwicklung eines detaillierten Verhaltenskodex möchten wir erforschen welchen Einfluß Euphorie im Bezug auf die situative Körperlichkeit und die verschiedenen tänzerischen Stile der Performer*innen auf Bewegungsqualität und –Ästhetik haben.
Ein Projekt von Mooooon, gefördert vom Kulturamt der Stadt Leipzig, in Kooperation mit dem Pöge Haus e.V.

